Von Camille Lothe, Präsidentin Junge SVP Kanton Zürich
Unter dem Vorwand die einheimische Kasino- und Geldspielindustrie schützen zu wollen, sowie alles daran zu setzen, um Spielsüchtige vor schädigenden ausländischen Angeboten zu bewahren, haben sich National- und Ständerat für die Einführung einer Netzzensur entschieden.
Wie konnte ein solcher Fehlentscheid getroffen werden? Bei der Schlussabstimmung im Nationalrat verhalfen vor allem die Stimmen der SP, CVP und der FDP dem neuen Geldspielgesetz zum Durchbruch. Viel schockierender ist, dass sich auch ganze 18 SVP Nationalräte in der Schlussabstimmung zu einem Ja hinziehen liessen – das ist nicht weniger als ein Drittel der Fraktion. Jetzt stellt sich die Frage: Wie kann sich die SVP hinter feigen Massnahmen wie einer Netzsperre stellen? Die Antwort: massives Lobbying!
Freiheit und Selbstbestimmung sind Werte der SVP, auch im Internet
Obwohl im Parteiprogramm der SVP Schweiz Werte wie Freiheit und Selbstbestimmung hochgehalten werden und als Grundpfeiler des Erfolgsmodells Schweiz gesehen werden, begrenzen diese sich ausschliesslich auf die offline Welt. Das Internet ist davon ausgeschlossen und man möchte sich damit in eine Reihe stellen mit Nordkorea, China oder Afghanistan. Wer könnte ein solches Interesse verfolgen? Klar ist, dass nicht nur brutalstes Lobbying der einheimischen Geldindustrie diesen Entscheid herbeigeführt hat, sondern auch handfeste Geldinteressen der Bundeskassen. Die Einnahmen von Kasinos und Online-Geldspielen werden in die marode erste Säule der Altersvorsorge gesteckt und an die Sportverbände wie den Schweizer Fussball, Schweizer Eishockey oder Swiss Olympic verteilt. So erstaunt es wenig, dass Mehrheiten von der SP über die liberale FDP bis zu unserer staatskritischen SVP sich für das Projekt Internetzensur begeistern liessen.
Auf den ersten Blick scheint diese Entscheidung logisch: Für Geldspiel braucht es eine Konzession und Spieler mit Suchtproblemen können in der Schweiz am Glückspiel gehindert werden, egal ob Online- oder Offlineangebot. Dies scheint jedoch bei ausländischen Anbietern mit Sitz in Zypern oder ähnlichen Steuerparadiesen nicht ohne Weiteres zu gehen. Der Schweiz sind gegen ausländische Glücksspielseiten die Hände gebunden, darum hatte das Departement Sommaruga die Idee der Netzsperre. Nicht-konzessionierte ausländische Online-Anbieter sollen auf Grundlage einer «schwarzen Liste» den Zugang zu diesen Seiten sperren. Bei diesen sogenannten Netzsperren handelt es sich um Zensur. Der Staat bestimmt, welche Internetseiten für den noch(!) freien Bürger angemessen sind.
So weit, so schlimm: Wie sinnvoll sind Netzsperren?
Einfach gesagt: Sie wissen wie man Google benutzt? Gut, dann können Sie auch eine Netzsperre überwinden. Suchmaschinen wie StartPage rufen die gewünschte Internetseite über eine Mittelseite auf und schon ist die Netzsperre umgangen. Dabei handelt es sich um einen von mindesten drei möglichen Wegen – einer einfacher als der andere. Dafür braucht es weder Master in Informatik noch einen Hacker. Dies zeigt, dass die Netzsperre ein untaugliches Instrument ist und eine reine Mechanik der Interessen der einheimischen Kasinobetreiber. Es wird also kein einziger Zocker vom Besuch einer gesperrten Internetseite abgehalten. Wir erinnern uns ebenfalls sehr gerne an das letzte Mal, als der Bund ein IT-Projekt in Angriff nahm: Mehrkosten in Millionenhöhe. Genau dies wird ebenfalls bei der geplanten Netzsperre passieren. Wenn man sich die grosse Zahl im Ausland betriebener Geldspielseiten vor Augen führt, wird rasch klar, wie die Zukunft aussieht. Die Eidgenössische Spielbankenkommission wird in einem ständigen Wettlauf Hundertausende, wenn nicht Millionen von Angeboten in ihrer «schwarzen Liste» nachführen. Täglich werden Hunderte, wenn nicht Tausende von Angeboten verwaist sein und unter neuen Domains verfügbar gemacht werden. Eifrig und mit groteskem Mehraufwand werden die Beamten in Bundesbern den neusten Entwicklungen nachgehen müssen, um die ungeliebten Spielseiten zu finden.
Geldinteressen der Bundeskassen
Die Schweizer Kasinos kämpfen seit Jahren mit schwindenden Einnahmen. Das macht sich folglich auch in den Einnahmen der AHV bemerkbar. Durch das neue Geldspielgesetz erhofft sich Bundesbern hier grössere Einnahmen, da der Schweizer Spieler nur noch auf einheimischen Seiten zocken kann. Doch wie im vorherigen Abschnitt erwähnt, sind Netzsperren ein bekanntlich untaugliches Instrument. Die beschworenen Mehreinnahmen für die AHV bleiben folglich reines Wunschdenken. Doch das muss nicht so sein! Durch ein liberales Geldspielgesetz, in dem sich auch ausländische Kasinos um eine Konzession bewerben können, können tatsächlich Mehreinnahmen für die 1. Säule generiert werden. Durch die Konzessionierung von ausländischen Anbietern und der damit resultierenden Regulierung und Besteuerung erhält die AHV tatsächlich neue Einnahmen. Dadurch wird das Angebot in der Schweiz grösser und trägt mehr zum Gemeinwohl bei als die jetzige Lösung. Doch das neue Geldspielgesetz wurde gemeinsam mit der Geldspiellobby geschrieben, die ihre Marktanteile verteidigen möchte und kein wirkliches Interesse an der Stärkung der AHV-Finanzen hat.
Jetzt reagieren!
Die Junge SVP hat gemeinsam mit den anderen Jungparteien dieses falsche Spiel früh erkannt. Jetzt braucht es aber die gemeinsame Arbeit von jung- und alt SVP Mitgliedern. Nur gemeinsam ist eine Korrektur dieses reinen Lobbygesetzes möglich. Wir müssen für die Grundwerte wie Freiheit und Selbstbestimmung der SVP einstehen, auch im Internet. Nur mit einem Nein zum Geldspielgesetz können diese Werte verteidigt werden. Es darf nicht sein, dass die Geldgier der maroden Bundeskassen und der Kasinolobby ein Preisschild an die Freiheit des Internets setzen. Freiheit ist und bleibt unverkäuflich, ob im Internet oder im wahren Leben.